Verlage als Kulturvermittler: über die besonderen Verdienste grosser und kleiner Verlage

Anlässlich der Frankfurter Buchmesse 2024 mit Italien als Gastland

Im Jahr 2024 wird sich Italien zum zweiten Mal auf der größten Buchmesse der Welt, der Frankfurter Buchmesse, als Gastland präsentieren.

Der Piper Verlag hat sich um die italienische Literatur seit den 1970er-Jahren verdient gemacht. Viele der Autoren wurden dann vom Wagenbach Verlag bis heute neu aufgelegt. Der Wagenbach Verlag ist das Zuhause für italienische Literatur in Deutschland.

In den letzten 30 Jahren sind neue Verlage hinzugekommen, die sich auf italienische Literatur spezialisiert haben: Der Folio Verlag in Wien und Bozen verlegt seit 1994 italienische Literatur und pflegt dabei auch das Schaffen von Autor*innen aus Südtirol. Der nonsolo Verlag aus Freiburg im Breisgau widmet sich seit 2017 der italienischen Gegenwartsliteratur – zum Beispiel Paolo di Paolo oder Alessandra Carati, die unter den Finalist:innen für den Premio Strega 2022 war. Der Rotpunktverlag legt die Werke Cesare Paveses neu auf.

Im Jahr 2017 brach in Deutschland das Ferrante-Fieber aus: Katja Krieger übersetzte für den Suhrkamp Verlag L’amica geniale (Meine geniale Freundin: Kindheit und Jugend, dt. von) von Elena Ferrante. Band 1 der neapolitanischen Saga erschien bereits 2016, doch ein Jahr später ging mit Erscheinen von Band 2 eine Woge der Begeisterung durch die Lesercommunitys, die noch mit zwei weiteren Bänden genährt und gefeiert wurde.

Es wäre zu romantisch von einem Italien-Fieber in jenen Jahren zu sprechen, dennoch trat mit Francesca Melandri eine weitere italienische Erzählstimme in das Rampenlicht deutscher Leser:innen: Ihr Roman Alle außer mir erschien 2017 im Wagenbach Verlag und wurde vom Unabhängigen Buchhandel zum Buchhändlerliebling des Jahres gekürt. Seitdem ist Francesca Melandri, deren Roman

Der Berlin Verlag feierte Eduardo Albinati 2018 mit Die katholische Schule als neuen Literatur-Star aus Italien. Sein Monumentalwerk La scuola cattolica erhielt zwei Jahre zuvor den Premio Strega, den wichtigsten Literaturpreis Italiens. Sein nächster Roman Un adulterio (Ein Ehebruch) erschien in der Übersetzung von Verena von Koskull ebenfalls im Berlin Verlag.

Neben Neuübersetzungen – von Krimi, Liebesroman über den literarischen Roman bis hin zu Sachbüchern zum Beispiel zur italienischen Mafia – in den Programmen deutscher Publikumsverlagen sind wahre Kleinode der Verlagskultur entstanden. Ein solches Kleinod ist die Edition CONVERSO, die 2019 von der Übersetzerin Monika Lustig in Karlsruhe gegründet wurde und von einer besonderen Leidenschaft und Lebenserfahrung getragen ist.

Im Frühjahr 2020 erwecken die Ullstein Buchverlage den Claassen Verlag wieder, der in den ersten Nachkriegsjahren in Düsseldorf gegründet wurde. Der Claassen Verlag machte sich einst verdient um die Literatur der italienischen Neorealisten. Claassen steht für herausragende gegenwartsnahe, in Sprache und Thematik anspruchsvolle fiktionale und nicht-fiktionale Literatur, die italienische Literatur vermisst man dabei jedoch.

 »Literaturen aus sämtlichen Regionen rings ums Mittelmeer, einschließlich Adria, seit 2023 auch von der südlichen Schwarzmeerküste, werden mit bislang bis zu sieben Titeln pro Jahr geborgen und übersetzt«, beschreibt der Verlag sein Programm. Zur Feier des Gastlandes Italien auf der Frankfurter Buchmesse gibt es sogar sechzehn italienische Bücher im Programm von Edition CONVERSO.

In den vergangenen Jahren hat die italienische Literatur einen festen Platz in deutschen Verlagsprogrammen, auch wenn sie es nur sehr selten auf die Bestsellerliste schaffen. Neben in Deutschland bereits bekannten Namen wie Elena Ferrante, Francesca Melandri, Paolo Giordano, Paolo Rumiz, Mario Giordano, Niccolò Ammaniti, Donna Leon, Davide Longo u. v. m. bis hin zu Roberto Saviano setzen sich auch noch wenig bekannte Autoren durch.

Ein besonderes Beispiel ist Fabio Stassi: Mit Die Seele aller Zufälle (Edition CONVERSO) hat er es sogar auf die Hotlist 2024 (Die Bücher des Jahres aus Unabhängigen Verlagen) geschafft. Herzlichen Glückwunsch an den Autor und seine deutsche Verlegerin!

Zu den Entdeckungen italienischer Literatur gehören neben bisher wenig bekannten Autoren selbstverständlich Debütant:innen. Sie feiern gleich doppelt Premiere, in ihrer Muttersprache und mit jeder Übersetzung. Ein solcher Glückspilz ist Maddalena Vaglio Tanet, 1985 in Biella geboren, Literaturscout und Autorin. Sie veröffentlichte Gedichte und Kinderbücher. In den Wald ist ihr gefeierter Debütroman und war für den Premio Strega nominiert.

Kulturvermittlung ist auch das Anliegens dieses Magazin. Italienreport ist 2014 nach einem einjährigen Aufenthalt in Itlaien aus großer Leidenschaft und Neugier heraus entstanden, und es ist eine Freude, dass das 10-jährige Jubiläum des Magazins mit Italien als Gastland auf der Frankfurter Buchmesse zusammenfällt. Bleiben Sie neugierig!

Einen unvollständigen Überblick über die Neuerscheinungen der Übersetzungen aus dem Italienischen gibt Italienreport in seiner Cronaca di un amore: https://italienreport.de/2014/10/lessico-famigliare-bibliographie/


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